Studien

Das Sommercamp gegen schulische „Sommerlücken“

Das Sommercamp gegen schulische „Sommerlücken“. Ausgangspunkt der Initiative der Hamburger Sommerschule e.V. waren die sogenannten „Sommerlöcher“ oder „Sommerlücken“: Bildungswissenschaftler wie Prof. Jürgen Baumert und Prof. Petra Stanat haben festgestellt, dass sich der Wissensabstand zwischen Kindern aus bildungsnahen und Kindern aus bildungsfernen Familien in den Sommerferien vergrößert.

Wörtlich sagte Prof. Baumert in der ZEIT vom 18. September 2008: Die Schule ist die große Gleichmacherin der Nation. Überall hält sie die Kinder sozial stärker zusammen als die Familien. In einer Langzeitstudie wurden in Baltimore Kinder von der Einschulung bis zur Highschool immer wieder vor und nach der Sommerpause getestet. Die Leistungskurven der Kinder aus unterschiedlichen Sozialschichten verliefen während der Schulzeit parallel. Erst in den Ferien, wenn die Kinder nur dem Einfluss der Familie und Nachbarschaft ausgesetzt waren, gingen sie auseinander. Eine Untersuchung, die wir kürzlich in Berlin durchgeführt haben, belegt diesen Sommerlocheffekt auch für die kurzen deutschen Ferien: Kinder aus sozial benachteiligten Schichten und Zuwanderer lernen in dieser Zeit weniger dazu als Schulkameraden aus begüterten Schichten.

Während ein Teil der Kinder sich in den Ferien weiterentwickelt oder zumindest den Lernstand hält, fallen die Kinder aus der zweiten Gruppe eher hinter den Wissensstand zurück, den sie vor den Sommerferien hatten. Bildungswissenschaftler haben festgestellt, dass die Sommerferien zu den „schädlichsten“ Einflüssen auf den Lernerfolg gehören (siehe Olaf Köller, Individuelle und institutionelle Voraussetzungen schulischer Leistungen, Kolloquium: Theorie und Praxis der Pädagogisch-Psychologischen Interventionsforschung, Gießen, 10.11.2010). Die „Sommerlücke“ wird in einem Bericht der NASBE (National Association of State Boards of Education) wie folgt verdeutlicht:

Grafik Sommerlücke

Anschaulich beschreibt der Bestseller-Autor Malcolm Gladwell die „Sommerlücke“ im dritten Abschnitt des Kapitels 9 seines Buchs „Überflieger“ (englisches Original: „Outliers“).

Die wissenschaftliche Auswertung der Projekte der Ferienförderung hat auch gezeigt, dass die gemeinsame Ferienfreizeit und das gemeinsame Lernen das Selbstbewusstsein der Schüler stärken und ihre Motivation fördert. Es ist allgemein bekannt, dass Jugendliche, die in ihrer Entwicklung hin zu einer eigenen Persönlichkeit gefördert werden, ihr Leben positiver und selbstbestimmter gestalten können.

Dass der Bedarf an Förderung der Deutschkenntnisse vor allem in sozio-ökonomisch schwachen Stadtteilen leider hoch bleibt, bestätigt die internationale Vergleichsstudie IGLU : 2016 erreichten 18,9 % der Viertklässler in Deutschland nicht die Kompetenzstufe III, verfügen also über ein nicht ausreichendes Leistungsniveau im Lesen und werden deshalb voraussichtlich mit erheblichen Schwierigkeiten beim Lernen in allen Fächern in der Sekundarstufe I konfrontiert sein. Nur ein Drittel der leseschwachen Schüler in Deutschland erhält eine zusätzliche schulische Förderung im Lesen. Und: Deutschland zählt zu den Ländern mit den größten sozial bedingten Disparitäten in den Leseleistungen. Die Studie zeigt: Ein positives Leseselbstkonzept und häufiges Lesen zum Vergnügen vermindern beträchtlich das Risiko, am Ende der Grundschulzeit über nicht anschlussfähige Leseleistungen zu verfügen.

Durch die Coronavirus-Pandemie hat sich leider die Lage verschlechtert. Im Vergleich zum Jahr 2016 sind die Kompetenzen 2021 um etwa einem Drittel eines Schuljahres im Lesen, einem halben Schuljahr im Zuhören sowie jeweils einem Viertel eines Schuljahres in der Orthografie und im Fach Mathematik zurückgegangen, so die Ergebnisse des „Bildungstrends 2021“ des IQB.